Montag, 23.12.2013, abends.
Lars aus Hamburg hat gerade angerufen. Er hat vor, mit seinem Team Sunclass Cycling bei der 2015er Ausgabe des RAAM zu starten. Ob wir Lust hätten, als Teammitglieder in der Supportcrew mitzufahren? Wir? Beim RAAM? Beim längsten Zeitfahren, einem der härtesten Radsportevents überhaupt? 4800 km quer durch Amerika, vom Pazifik zum Atlantik? Das muss erst einmal sacken.
Hätte ich Lust zu solch einem Abenteuer? Selbstverständlich hätte ich Lust! Lars hatte am Telefon kurz die Rahmenbedingungen umrissen und mir war sofort klar: Das muss ich mit der Familie besprechen. Ich legte mir also meine Argumente zurecht (Es ist immer gut, wenn man das bei Familienbesprechungen vorher macht). Ich wollte vom Abenteuer schwärmen, von der Herausforderung, von der Chance.
Überraschenderweise war das überhaupt nicht nötig.
Ich weiß nicht, ob es am Glitzern in meinen Augen lag, als ich von Lars‘ Anruf erzählte, aber nach drei knappen Sätzen stand fest: Na klar, mach! Manchmal ist es eben doch einfacher als gedacht.
Freitag, 27.12.2013.
Mario hat gerade angerufen. Er durchlief eine ähnliche Prozedur wie ich. Mit ähnlichem Ausgang. Das llama racing team könnte also vollzählig antreten. Ich ließ Lars dies wissen und bekam ein „perfetto :)“ zur Antwort und dass Ende Januar eine Infoveranstaltung in Hamburg geplant sei. Ob wir kommen könnten? Selbstverständlich könnten wir kommen!
Freitag, 31.01.2014
Lars rief nach Hamburg, wir kamen nach Hamburg. Bei unserem Eintreffen in der Agentur waren fast alle anderen potentiellen Teammitglieder schon anwesend. Was kein Kunststück ist, denn die meisten wohnen in der Hansestadt oder arbeiten sogar in ebenjener Agentur.
Das Treffen begann damit, dass wir uns alle gegenseitig vorstellten, schließlich sollte man schon wissen, mit wem man da beabsichtigt, einmal quer durch die USA zu fahren. Dann ging es mit der Vorstellung des Vorhabens los.
Lars desillusionierte uns. Er erzählte von dem Stress, der uns erwarten würde. Er erzählte von Schlafmangel, zwangsläufig fragwürdigen hygienischen Umständen, von den Regeln, an die wir uns halten müssten. Vor allem erzählte er von der Unmenge an Freizeit und Urlaub, die wir zu opfern bereit sein müssten. Davon, wie geil es wäre, eine Unmenge an Eindrücken zu sammeln, während man einmal quer durch Amerika, durch 4 Zeitzonen, durch derart verschiedene Landschaften fährt, erzählte er nur ganz am Rande. Am Ende hatte kaum jemand noch eine Frage, wir (zumindest wir beide) waren platt.
Zeit, einmal in sich zu gehen. Will ich das wirklich? Bin ich bereit, meine Familie an den vielen langen Wochenenden, an denen die Trainings 2014 und 2015 stattfinden würden (von dem Jahresurlaub 2015 ganz zu schweigen), gegen die dort versammelten Leute einzutauschen? Erholung gegen Stress? Stecke ich meine eigenen Vorhaben bis 2016 zurück, um meine Zeit und meinen Einsatz dafür zu opfern, dass jemand anderer seinen Traum leben und auf dem Rennrad sitzen kann?
Mario und ich saßen an diesem Abend noch lange zusammen und diskutierten, wägten für und wider ab. Es kristallisierte sich heraus, dass man anders herum fragen sollte: Bin ich bereit, Komfort gegen Abenteuer einzutauschen? Die Antwort, zumindest für uns beide, ist komplizierter, als sie klingt: ja. Schließlich kommt nicht ständig jemand um die Ecke und fragt, ob man teilhaben will am härtesten, das man sich im Radsport antun kann!
Montag, 17.02.2014
Das SunClass Cycling Team gibt offiziell die Teilnahme am RAAM bekannt. Unsere Verträge sind unterschrieben. Das llama racing team fährt zum RAAM und wird alles geben, damit die beiden Sunclass-Fahrer Lars und Heiko sicher und pünktlich (und so schnell wie möglich) mit dem Rennrad von Oceanside am Pazifik nach Annapolis am Atlantik kommen und unterwegs keine der über 50 Zeitstempelstationen verpassen werden. Wir werden in diesem Blog regelmäßig von den Trainings und später vom Rennen aus Crew-Sicht erzählen. Seid gespannt.
Der Rest wird Geschichte.
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